Ein Pionier der Betrachtung des Verhaltens von Communities, als Netnographie bezeichnet, ist Robert Kozinets. Das Forschgungsgebiet, das das Verhalten (von Schwärmen in der Biologie = Schwarmforschung) von kulturellen Szenen betrachtet und analysiert. Mit Fokus auf Social Media wie Twitter, Facebook, Instagram (und typisch für D. Foren) etc. wird dieser Ansatz als „Social Media Analyse“ oder „Social Media Monitoring“ bezeichnet. Spezialisierte Agenturen sind u.a. Ubermetrics, Vico Research oder Brandwatch.
Das grundsätzliche Prinzip der Erfassung von Inhalten (u.a. „Text Mining“) ist nicht neu. der Google Spider bzw. die Google-Suche basiert darauf. Auch die Software der genannten Agenturen nutzt dieses Prinzip (nur noch spezifischer und gezielter im Einklang mit den Zielsetzungen der Analyse, eher „semantische Analysen“). OpenAI veortet auch Objekte (so würde ich es beschreiben), Texte, Inhalte, Bilder etc. in einem Wahrscheinlichkeitsraum bzw. Ähnlichkeiten. Und nutzt diese in spezifischen Modellen wie ChatGPT. Empfehlenswert aus meiner Sicht in dem Fall die Rubrik von heise unter in der Kategorie „Künstliche Intelligenz„.
Meines Erachtens ist die zunehmende Sensibilität gegenüber datensammelnder Software begründet. Kozinets hat sich, wenn ich mich recht erinnere, damit auseinandergesetzt. Cambridge Analytics und Meta/ FB weniger (siehe Wikipedia, Facebook–Cambridge Analytica data scandal„)
Die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig und wertvoll. Nicht zu unterschätzen ist der Aufwand der Analyse. Und letztlich auch der Umgang mit den Erkentnissen, denn die Schlussfolgerungen betreffen meist alle Organisationseinheiten. Insofern lohnt es sich, vor Einsatz von Social Media Analysen die potentiellen Implikationen zu bewerten.
„Shit Storms“ sind ein Synonym für eine Beschwerdewelle aufgebrachter Internetnutzer, die sich in Social Media Kanälen negativ artikulieren. Mit Hilfe eines Social Media Monitoring Systems können „modellierte“ (von den Computerlinguisten) Themen, die aus Sicht als sensibel betrachtet werden, kategorisiert beobachtet werden. Sprich das Unternehmen hat Zugriff auf ein Online-System, welches die modellierten Themen quantifiziert zeitnah (~ alle 3-4 Stunden) aktualisiert darstellt. Kombiniert mit einem System, welches die Tonalität bzw. Sentiment (positive, negative … Kommunikation) erfasst, können Regeln und Schwellwerte definiert werden, ab wann der Alarm bei welchem Thema ausgelöst (als Email, SMS etc.) wird. Dies ist oft ein wichtiges Thema für Coporate PR.
Kampagnen Beurteilung und -Optimierung: erst einmal Vorsicht, denn ohne Text keine Analyse. Das soll heißen: die Kampagnenbeurteilung sollte eine Reaktion in textlicher Form erzeugen, sonst ist eine inhaltliche Kampagnenbeurteilung nicht möglich.
Auf der anderen Seite hängt dies sicherlich davon ab, in welchem Maße die eigene Zielgruppe „online“ ist. Ein Beispiel für eine Nutzenszenario und eine Aufgabenstellung: Die Kernzielgruppe ist „online“, Videos sind ein Leitmedium der Zielgruppe, es geht um die Neuprodukteinführung eines Videospieles.
Folgende Optimierungs-„Schleife“ und Schritte wurden durchgeführt:
Die Schritte können wiederholt werden, um das Involvement gezielt auszusteuern
Herausfordernd ist die Frage, in welchem Maße die Kampagnenkosten und -effekte mit einer Mediakampagne vergleichbar sind.
Bei diesem Beispiel schlugen die effektiven CPV (Cost Per Views) die Kosten einer Mediakampagne bei Youtube.
Fragen wie „Wie stehe ich im Vergleich zum meinen Wettbewerbern dar“? oder „Welche Themen werden von mir, welche Themen im Zusammenhang mit Wettbewerbern kommuniziert?“ kann ein Social Media Monitoring übersichtlich darstellen. Basis für den Vergleich können das Kommunikationsvolumen in Kombination mit der Tonalität sein.
Dies ist der sogenannte „Share of Voice“. Wenn möglich sollte das Thema zum Vergleich härter definiert sein. So ist eine generische Betrachtung der „Kaufkommunikation“ oder auch der „Problemkommunikation“ sinnvoll.
Sehr erkenntnisreich kann für die Kampagne im Rahmen einer Social Media Analyse die Betrachtung von Gruppen sein, die ein übergeordnetes Thema gemeinsam haben (Produktbereich), sich aber auf der anderen Seite (Markenloyalität) differenzieren. Die Szeneanalyse definiert erst einmal Szenen. Während der Kampagne offenbart die Szeneanalyse, wie die Gruppen untereinander und ggfs. miteinander kommunizieren. Was hält Meinungsführer im Automobilbereich und Markenfetischisten vom 1er BMW davon ab, die B- Klasse auszuprobieren? Was spricht für die eine, was für die andere Marke? Was sind auch Erwartungen an die Marke für die Zukunft bei der Neuprodukteinführung?
Für die Identifikation und inhaltlich passende Ansprache von Meinungsführern, hilft ein Social Web Monitoring ebenfalls. Denn die gezielte Kommunikationsanalyse zeigt, wer wie oft mit wem über was wie (Hierarchie) kommuniziert. Dieser Bereich geht mehr in Richtung der Strukturanalyse. Auf Basis der Analyse kann ein Programm entworfen werden, um die Meinungsführer zu involvieren und ihre Wortqualität (Sprache der Konsumenten) zu nutzen. Aus meiner Sicht fällt das in den Bereich CRM, denn die Bewertung der Beziehung (Beziehungspromotoren) ist hier der Ausgangspunkt für gezielte Ansprache. Überschneidungsbereiche entstehen oft mit PR und machen eine Überarbeitung der Zielgruppendefinition notwendig.
für die ständige Beobachtung einer speziellen Zielgruppe, macht die Festlegung eines „Panels“ Sinn. Nur findet dies anders als in der klassischen Marktforschung statt: alleine die Kommunikation ist die Basis für eine Zuordnung. Klassische demographische (wie Alter, Geschlecht) Informationen sind nicht vorhanden. Findige Leute versuchen, die demographischen Informationen über Besucher von Quellen (z.B. mit Hilfe von Umfragen) auf Segmente an Usern zu übertragen (auf Basis von Wahrscheinlichkeiten).
Zweckdienlich ist aber auch auf Basis von Quellen Panel zu definieren (aus einer CRM Sicht):
Set 1: Eigene Kommunikationsplattformen, die betreut werden und strategisch gesehen, die Plattformen sind, die gefördert werden sollen (in meinen Worten der Ansatz „Own“)
Set 2: eine Gruppe an Meinungsführen (eventuell auch nach Themenbereich nochmals unterteilt) oder Communities, die aktiv unterstützt werden (in meinen Worten de Ansatz „Embrace“). Im besten Fall werden diese in die Kommunikation mit den Usern auf den eigenen Plattformen involviert oder sogar in der Konzeption und Umsetzung gemeinsamer Projekte.
Set 3: gezielte Informationsversorgung von Meinungsführen, die unterstützt werden wollen aber weniger einen beidseitigen Dialog möchten (Ansatz „Support“ in meinen Worten)
Set 4: Schlüsselgruppen, die aber nicht direkt „angesprochen“ werden wollen (ich nenne es „release“)
Poweruser und Anwendungsfälle werden gezielt analysiert und für die Produktentwicklung genutzt. Im Extremfall werden bereits Produktoptimierungen erwähnt und diskutiert. Ggfs. sogar Produktinnovationen.
An dieser Stelle stellt sich die grundsätzliche Frage, wie man in den Dialog treten will, wenn das Ziel ist, mit den Powerusern und der Community das Produkt zu verbessern. Neben dem „Wie“ zudem mit welchen Möglichkeiten in den Dialog gegangen werden kann, denn die Erwartungen gehen ggfs. über die kurzfristigen Möglichkeiten des Marketing hinaus.
Was sind Themen, die die „Kernzielgruppe“ bzw. definiertes Panel bewegen?
Die Analyse und Betrachtung von relevanten Trends bedarf der steten explorativen Analyse der relevanten Kommunikation und der Erweiterung des Social Media Monitoring, wenn auch eine (ungefähre) Quantifizierung angestrebt wird. Alternativ oder ergänzend können generische Trendthemen zur Beobachtung modelliert werden, schließt aber m.E. nicht aus, mittels explorativer Analysen die Relevanz der generischen Trendthemen zu prüfen.
Herkömmliche Marktforschungsmethoden können ergänzt werden, die Abbildung und Übertragung der Erkentnisse auf das Social Media Monitoring sind aus meiner Erfahrung schwierig. Dennoch können diese zur inhatlichen Erweiterung oder zur quantifizierten Validierung von gewonnen Annahmen ergänzt werden. Sobald diese aber gezielt innerhalb der „beobachteten“ Zielgruppe platziert werden, sollte die Frage antizipierend beantwortet werden, wie damit umgegangen wird, wenn die Zielgruppe die „Beobachtung“ bemerkt.
Online-Umfragen zur Validierung von Annahmen bieten sich auf jeden Fall an. Auch bieten z.B. semiometrische Marktforschungsverfahren Themen zur gezielten Analyse mittels der Social Media Analyse.
An „vorderster Front“ steht im Zweifel der Social Media Manager. Ein „Alleskönner“, der schnell im Einklang mit Corporate PR Richtlinien, CI Guidelines, Netiquette, Servicemanagement etc. textlich passende Antworten geben soll (und aus Sicht der User, geben muss) – das ist im Zweifel eine Überforderung.
Ansätze – aus meiner Sicht – dies organisatorisch zu bewältigen: